„Strom spielt in einer dekarbonisierten Energieversorgung eine zentrale Rolle.“ Dr. Andreas Kemmler, Prinzipal Anstelle fossiler Brenn- und Treibstoffe wird Strom zum zentralen Energieträger für Wärmeerzeugung, Mobilität und die Erzeugung von Wasserstoff. Im Konsortium mit Fraunhofer ISI und Öko-Institut entstand im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie ein Energieszenario, das die aktuellen Sektorziele des Klimaschutzprogrammes 2030 abbildet. In ihm werden die Treibhausgas-Emissionen bis zum Jahr 2030 um 65 Prozent gegenüber 1990 reduziert. Die Ergebnisse dieses Szenarios liegen nun vor. Entwicklung des Bruttostromverbrauches bis 2030 Im Zielszenario steigt der Bruttostromverbrauch von 595 TWh im Jahr 2018 auf 658 TWh im Jahr 2030 (+11 Prozent). Haupttreiber für den Anstieg des Stromverbrauches sind der Verkehrssektor, die elektrischen Wärmepumpen in Gebäuden und Wärmenetzen, die Erzeugung von Elektrolyse-Wasserstoff sowie die Produktion von Batterien. Die gesteigerte Stromeffizienz und der rückläufige Kraftwerkseigenverbrauch dämpften den Anstieg des Stromverbrauches. Zu einem Rückgang des Stromverbrauches kommt es auch im Bereich der sonstigen Umwandlung (Bergbau, Kokereien, Raffinerien, Öl- und Gasförderung). Im Sommer 2021 war zunächst eine Ad-hoc-Abschätzung des Szenarios veröffentlicht worden. Gemäß dieser Vorabschätzung war der Anstieg des Bruttostromverbrauches bis zum Jahr 2030 auf 655 TWh (+/-10 TWh) geschätzt worden. Betrachtung der einzelnen Treiber: Elektromobilität Haupttreiber des Verbrauchsanstiegs ist der Verkehrssektor. Insbesondere die gesteigerte Elektromobilität im Straßenverkehr trägt zum Anstieg bei (+68 TWh). Davon entfallen rund 44 TWh auf die Pkw, 7 TWh auf leichte Nutzfahrzeuge und 17 TWh auf schwere Nutzfahrzeuge. Wird zusätzlich der Stromverbrauch für Busse und Zweiräder hinzugezählt, ergibt sich im Jahr 2030 insgesamt ein Stromverbrauch für die Elektromobilität von rund 70 TWh (ohne Schienenverkehr). Die Zahl der Batterieelektrischen Fahrzeuge (BEV) steigt im Szenario bis zum Jahr 2030 auf 16 Millionen Pkw, hinzukommen 2,2 Millionen Plug-in-Hybride (PHEV). Im Jahr 2018 gab es erst rund 100 Tausend Elektro-Pkw, der damit verbundene Stromverbrauch lag bei schätzungsweise 0,3 TWh. Schienenverkehr Durch die starke Förderung des Schienenverkehrs steigt der Anteil des Schienenverkehrs an der Verkehrsleistung deutlich, sowohl beim Personen- als auch beim Güterverkehr. Der Stromverbrauch des Schienenverkehrs erhöht sich im Szenario zwischen 2018 und 2030 um 5 TWh auf 16 TWh. Wasserstoff-Elektrolyse Grüner Wasserstoff wird ein wichtiger Baustein zur Dekarbonisierung der Energieversorgung. Wasserstoff erlangt zudem auch als Ausgangsprodukt in der Industrie an Bedeutung (Nichtenergetischer Verbrauch). Bis zum Jahr 2030 steigt der Einsatz von grünem Wasserstoff im Szenario auf 37 TWh (2018: 0 TWh). Davon werden rund 40 Prozent in den Endverbrauchssektoren (Industrie, Verkehr) und weitere rund 40 Prozent im Sektor Energiewirtschaft eingesetzt. Rund 20 Prozent entfallen auf den Nichtenergetischen Verbrauch. Nur ein Teil des benötigten Wasserstoffs wird inländisch erzeugt. Bis zum Jahr 2030 steigt die inländische Wasserstoffproduktion auf rund 12,5 TWh Wasserstoff (Hu). Ein Teil davon wird verwendet um synthetischen Diesel (PtDiesel) zu produzieren, ein Teil wird direkt als Wasserstoff genutzt. Der Stromverbrauch für die Produktion der 12,5 TWh Wasserstoff beläuft sich auf knapp 20 TWh. Die im Inland installierte Leistung der Elektrolyseure liegt im Jahr 2030 bei 6,5 GW. Wärmepumpen Elektrische Wärmepumpen gewinnen im Wärmesektor zunehmend an Bedeutung. Im Szenario erhöht sich die Zahl der installierten Wärmepumpen von annähernd 1 Million im Jahr 2018 auf 5,5 Millionen im Jahr 2030. Nicht berücksichtigt sind dabei kleine ungekoppelte Warmwasser-Wärmepumpen zur Erzeugung von Warmwasser. Der Großteil der Wärmepumpen steht in Wohngebäuden, ein geringer Teil in Nichtwohngebäuden. Bei den Nichtwohngebäuden handelt es sich in der Regel um größere Gebäude (und leistungsstärkere Wärmepumpen). Mit den 5,5 Millionen Wärmepumpen ist ein Stromverbrauch von rund 33 TWh verbunden (2018 knapp 7 TWh). Gleichzeitig nimmt auch der Einsatz von Großwärmepumpen bei der Fernwärme zu (+9 TWh). Insgesamt steigt der Stromverbrauch der Wärmepumpen im Zeitraum 2018 bis 2030 im Szenario um 35 TWh auf rund 42 TWh. Werden zusätzlich die kleinen ungekoppelten Warmwasser-Wärmepumpen hinzugezählt, steigt der Stromverbrauch der Wärmepumpen um zusätzliche 3 TWh auf insgesamt 45 TWh. Batteriefabriken und Rechenzentren Durch den Betrieb von Batteriefabriken, insbesondere für Elektroautos, entstehen neue industrielle Großverbraucher, die im Szenario einen erwarteten Stromverbrauch im Jahr 2030 von annähernd 15 TWh haben, gegenüber 0 TWh im Jahr 2018. Bei Rechenzentren ergibt sich im Szenario hingegen ein leichter Rückgang um etwa 2 TWh gegenüber 2018. Durch die zunehmende Bedeutung von großen (Hyperscale-)Rechenzentren, die effizienter als kleine Rechenzentren sind, und weitere Fortschritte bei der Hardware- und auch Softwareeffizienz kommt es trotz einer weiter fortschreitenden Digitalisierung nicht zu einem höheren Stromverbrauch. In Summe steigt damit der Stromverbrauch für Batteriefabriken und Rechenzentren bis zum Jahr 2030 um 13 TWh gegenüber 2018. Prognos AG Effizienz und Struktureffekte Eine Steigerung der Energieeffizienz bei einer Vielzahl an Anwendungen verringert bei „konventionellen“ Anwendungen den Stromverbrauch, u. a. bei Haushaltsgeräten, der Beleuchtung, Haustechnik (Lüftungsanlagen, Umwälzpumpen). Auch bei strombasierten gewerblichen und industriellen Antrieben und Prozessen wird im Szenario durch Effizienz Strom eingespart. Hervorzuheben sind hier insbesondere die Querschnittstechnologien, bei denen z. B mit effizienteren Motoren der Stromverbrauch bei Kompressoren und Drucklufterzeugung verringert wird. In Summe sinkt der Stromverbrauch durch Effizienz und Struktureffekte bis zum Jahr 2030 um 51 TWh gegenüber 2018. Kraftwerkseigenverbrauch Der Kraftwerkseigenverbrauch sinkt bis zum Jahr 2030 gegenüber 2018 von 34 TWh um 22 TWh auf 12 TWh. Die Gründe dafür liegen in der niedrigeren Stromerzeugung aus Wärmekraftwerken und dem niedrigeren Eigenverbrauch von Gaskraftwerken verglichen mit Kernkraftwerken und Kohlekraftwerken. Sonstige Umwandlung & Netzverluste Eine Reduktion des Strombedarfes bei der sonstigen Umwandlung von 12 TWh im Jahr 2018 auf 6 TWh im Jahr 2030 (-6 TWh) ergibt sich vorwiegend durch einen Rückgang bei der Braunkohleförderung und bei der Produktion von Mineralölerzeugnissen. Der Strombedarf für Erdöl- und Erdgasförderung und Kokereien geht ebenfalls zurück. In der Modellierung wird von einem konstanten Anteil der Netzverluste von 4,5 Prozent am Bruttostromverbrauch ausgegangen. Entsprechend steigen die Netzverluste proportional zum Strombedarf an. Zur Pressemitteilung des BMWi Zum Kurzpapier (PDF) Autorinnen und Autoren: Dr. Andreas Kemmler, Aurel Wünsch und Dr. Heiko Burret Haben Sie Fragen? Ihr Kontakt bei Prognos Dr. Andreas Kemmler Prinzipal Profil ansehen Unsere Arbeiten zu diesem Thema Strompreisprognose 2024 2024 | Projekt Der Strompreis ist stark von der Entwicklung der Gaspreise abhängig. Unter Berücksichtigung dreier Versorgungsszenarien für Erdgas entwickelten wir Prognosen für die Strompreisentwicklung bis 2045. Mehr dazu Klimaneutrales Deutschland – Von der Zielsetzung zur Umsetzung 2024 | Projekt Wie kann der Industriestandort Deutschland bis 2045 klimaneutral werden – und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit erhalten bleiben? In dieser Studie aktualisieren wir unsere Berechnungen für Agora Think Tanks von 2021. Mehr dazu Treibhausgaswirkung von Subventionen in Deutschland 2024 | Projekt Die Bundesregierung hat Prognos und andere wissenschaftliche Institute damit beauftragt, die Klimawirkung aktueller staatlicher Förderungen zu analysieren: Welche Maßnahmen sind klimaschädlich, welche klimafreundlich? Mehr dazu Unterstützung der Kraftwerksstrategie des Bundes laufend | Projekt Prognos unterstützt das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz bei der Erstellung der Kraftwerksstrategie. Mehr dazu Investitionsbedarf zum Aus- und Umbau städtischer Fernwärme 2024 | Projekt Das Gutachten für die AGFW und den VKU beschreibt einen Ausbaupfad für die klimaneutrale Fernwärme bis zum Jahr 2045 und zeigt, welche Investitionen hierfür notwendig sind. Mehr dazu Investitionsmonitoring Klimaschutz laufend | Projekt Für das Umweltbundesamt erarbeiten wir Grundlagen für ein umfassendes und effektiveres Monitoring von Investitionen im Klimaschutzbereich in Deutschland. Mehr dazu Gutachten Treibhausgas-Projektionen 2024 2024 | Projekt Für den Expertenrat für Klimafragen erstellten wir ein Gutachten zur Überprüfung der Treibhausgas-Projektionen des Umweltbundesamtes. Mehr dazu Gap-Analyse Energieeffizienz 2024 | Projekt Der Energieverbrauch von Industrie, Gebäuden und Verkehr ist in den letzten 20 Jahren nahezu gleichgeblieben. Wie die Politik mit Effizienzmaßnahmen gegensteuern kann, zeigt die Studie für die DENEFF. Mehr dazu Windforce Konferenz 2024 12. Juni 2024 | Event Marco Wünsch hält auf der Windforce Konferenz einen Vortrag zum Thema Strommarkt – Aktueller Stand und Herausforderungen auf dem Weg zu 100 Prozent erneuerbaren Energien. Mehr dazu BETTER FUTURE CONFERENCE Earth Week Edition 23. April 2024 | Event Prognos-CEO Christian Böllhoff ist zu Gast auf der BETTER FUTURE CONFERENCE Earth Week Edition und diskutiert im Panel zur Frage: Können wir uns die Energiewende noch leisten? Mehr dazu 12. Monitoring der Energiewende 2024 | Projekt Die Energiewende hinkt weiter ihren Zielen hinterher – das zeigt unser 12. Monitoring. Bei zwei von vier Bereichen stehen die Ampeln weiter auf Rot. 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Mehr dazu Grüner Strom Atlas laufend | Projekt Im Jahr 2023 wurden bereits über zehn Gigawatt Solarstrom installiert – das ist mehr als das von Deutschland geplante Jahresziel. Weitere Erkenntnisse im aktualisierten Energieatlas von Prognos und der SZ. Mehr dazu Erdgas als Brücke zur Klimaneutralität in Deutschland 2023 | Projekt Wie hat sich die Rolle von Gas angesichts der Gaskrise verändert? Diese Frage klärt unser Energieteam für die KfW. Mehr dazu Kommunikationsbegleitung für den Bau der 380-kV-Westküstenleitung 2023 | Projekt Der Ausbau der Stromnetze ist die Basis für die Energiewende. Prognos unterstützte den Übertragungsnetzbetreiber TenneT TSO GmbH seit 2019 in der Projektkommunikation zur Errichtung der neuen Westküstenleitung in Schleswig-Holstein. Mehr dazu Energiepreise für die Industrie im internationalen Vergleich 2023 | Projekt Unsere Studie für die vbw vergleicht die Strom- und Gaspreise für die Industrie weltweit und gibt einen Ausblick auf die Preisentwicklung bis 2030. Mehr dazu Höchstspannungsleitung Ganderkesee – St. Hülfe 2023 | Projekt Netzbetreiber TenneT hat in Niedersachsen eine wichtige Stromtrasse in Betrieb genommen. Prognos begleitete die Kommunikation zu dem Projekt. Mehr dazu Lieferketten: Ohne Rohstoffe keine Klimaneutralität 2023 | Projekt Krisen bedrohen immer wieder globale Handelswege. Die Studie von Prognos und Partnern verweist auf Maßnahmen zur Sicherung von strategisch wichtigen Lieferketten. Mehr dazu EZS Green Property Forum 2023 12. September 2023 | Event Energieexpertin Dr. Almut Kirchner beleuchtet in ihrer Keynote zukünftige Entwicklungen im Energiemarkt. Mehr dazu Strompreisprognose 2023 2023 | Projekt Die durchschnittlichen Großhandelsstrompreise liegen mittel- und langfristig in allen Szenarien über dem Niveau von 2019/2020. In den nächsten Jahren ist jedoch mit einem Rückgang gegenüber dem heutigen Niveau zu rechnen. Wir haben unsere Prognose für die vbw aktualisiert. Mehr dazu Kosten und Umweltwirkungen beim Import von Wasserstoff 2023 | Projekt Wasserstoff ist ein wichtiger Baustein in der Energiewende. Welche Kosten und Umweltauswirkungen der Import von Wasserstoff verursacht, untersuchten Prognos, Öko-Institut und IREES für das BMWK. Mehr dazu Energieatlas 2023: Grüner Strom 2023 | Neues Projekt Der Prognos Energieatlas 2023 zeigt, wie es um die Verfügbarkeit von grünem Strom steht – in allen 400 Kreisen und kreisfreien Städten. Mehr dazu Im Dialog – Stromnetzausbau in Deutschland 2023 | Projekt Prognos unterstützt Übertragungs- und Verteilnetzbetreiber in der Planungs- und Baukommunikation der verschiedenen Leitungsbauvorhaben auf der Höchst- und Hochspannungsebene. Mehr dazu Klimaneutralität im Gebäudesektor: Impuls bei DUH-Event 20. April 2023 | Event Wie kann der Gebäudebestand klimaneutral werden? Welche Risiken ergeben sich aus der geplanten Abschaffung der Sektorziele im Gebäudebereich? Dazu spricht Nils Thamling bei der DUH. Mehr dazu Gasbilanz: Einsparbemühungen müssen intensiviert werden 2023 | Aus dem Projekt Wird weiterhin so wenig gespart wie im Januar und Februar, steigt das Risiko für eine Gasmangellage im kommenden Winter. Mehr dazu Sitzung: Interessenkreis Stromerzeugung 28. März 2023 | Event Marco Wünsch präsentiert am 28. März bei der Sitzung des Interessenkreises Stromerzeugung in Berlin zum Thema klimaneutrales Stromsystem. 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November 2022 | Event Dr. Michael Böhmer spricht in seiner Keynote zum Thema „Die Energiekrise – Risiken und Ausblick“. Mehr dazu Die Welt verhandelt über das Klima 2022 | Expertise Am Sonntag startet die 27. UN-Weltklimakonferenz. Verschiedene Medien greifen Prognos-Studien und -Expertise auf. Mehr dazu 30. Windenergietage 09. November 2022 | Event Aurel Wünsch hält einen Vortrag zum Thema „Der Weg zu 100 % – Ausblick auf einen klimaneutralen Strommarkt“. Mehr dazu WGM Metallhandelstag 10. November 2022 | Event Hans Dambeck präsentiert die Studie „Klimaneutrales Deutschland 2045“. Mehr dazu Wissenschaftliche Unterstützung Klimapolitik und Maßnahmenprogramm 2018 2022 | Projekt Gute Klimapolitik fußt auf soliden wissenschaftlichen Grundlagen – Prognos unterstützt das BMWK mit langjähriger Expertise. Mehr dazu Quo vadis KWK? – die zukünftige Rolle der Kraft-Wärme-Kopplung 08. 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